Energie

Eigentlich hatte ich vor über das Thema Energiewirtschaft keinen Artikel zu verfassen, sondern nur ein paar Tipps für euch zusammenzustellen. Wie ihr seht konnte ich diesen Vorsatz nicht halten. Der Grund dafür ist, dass mein Vertrauen in Google grundlegend erschüttert wurde.

Bei oberflächlicher Recherche entstand bei mir ein äußerst positiver Eindruck. Wo im Jahr 2000 nur 6% des Stromverbrauchs in Deutschland von erneuerbaren Energien stammte, so sei es 2019 schon ein Anteil von 42%. damit habe Deutschland seine Ziele übertroffen. Deutschland das Vorreiterland. Deutschland das Land der Sonnenenergie…

Bald darauf traf ich jedoch auf ganz andere Zahlen und musste feststellen, dass mir ein Vorwissen fehlte um die Statistiken richtig verstehen zu können. Damit ihr nicht in die gleiche Falle tappt wie ich möchte ich euch mit diesem Artikel die Unterschiede zwischen einigen Begriffen verdeutlichen. Lasst euch davon nicht abschrecken.

Beginnen wir bei den Gemeinsamkeiten aller Statistiken: Die Energie- und Wärmeerzeugung ist mit Abstand zu den anderen Sektoren der größte Verursacher von Treibhausgasemissionen. Folglich stellt sich die Frage, wie wir den Energieverbrauch am erfolgreichsten minimieren oder wie wir ihn auf alternative Wege erzeugen können.

Dafür ist es wichtig, ein Bild davon zu gewinnen, wofür wie viel Energie erzeugt wird.Den größten Anteil des Primärenergieverbrauchs machen überraschender weise die Verluste aus, die etwa durch die Übertragung oder den Eigenbedarf von Kraftwerken entstehen. Wenn wir diesen Block wegnehmen sprechen wir von dem Endenergieverbrauch oder Bruttoenergieverbrauch. Knapp über die Hälfte des Endenergieverbrauchs wird von der Industrie, dem Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Warentransport beansprucht. Die restlichen Blöcke Verkehr (20%) private Heizung und Warmwasser (20%) und privater Strom (5%) können wir direkt beeinflussen. Zum Beispiel, indem wir daran denken die Heizung runter zu drehen und stattdessen zu den Kuschelsocken zu greifen.

Was kannst du noch machen?

2019 kamen tatsächlich schon 46% der Nettostromerzeugung in Deutschland von erneuerbaren Energien. Der Begriff Nettostromerzeugung beschreibt allerdings nur den Strommix, so wie er aus unserer Steckdose kommt und impliziert somit nicht die eben erwähnten Verluste. Der Zusatz „in Deutschland“ soll zudem klar machen, dass Stromexporte und -importe auch nicht eingerechnet sind. Wenn man diese Aspekte berücksichtigt, liegt man plötzlich bei einem Anteil von ca. 42% Öko-Strom am Bruttostromverbrauch. Nun kommt der essenzielle Teil: Wir sprechen bisher nur von Strom, doch dieser macht auch nur einen gewissen Teil der gesamten erzeugten Energie aus. Wenn wir die Rechnung auf den gesamten Energieverbrauch ausweiten (inklusive Prozesswärme und Kraftstoffe) erhalten wir somit einen Anteil von 17,1% der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch in Deutschland. Um uns irgendwann einmal CO2-neutral versorgen zu können, müssen wir unsere Regierung also dazu animieren, das Herz in die Hand nehmen und weitreichende Maßnahmen ergreifen. Ganz getreu dem Motto „Wenig hilft wenig und viel hilft viel!“

Wir persönlich können unseren Konsumeinfluss geltend machen indem wir auf Öko-Strom umsteigen. Oft bedeutet das auch nur einen sehr geringen Preisunterschied. Dabei solltet ihr allerdings auf Labels achten: Das Grüner-Strom-Label und das ok-power-Label garantieren zum Beispiel, dass der Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien stammt und dass Neuanlagen gefördert werden. Ansonsten ist es empfehlenswert darüber nachzudenken, ob sich eine eigene PV-Dachanlage lohnen würde.

Meiner Ansicht nach ist es unsinnig darauf zu vertrauen, dass Energie erfunden werden kann. Die erneuerbaren Energien die in Deutschland Wirkung versprechen sind im wesentlichen auf Sonnen- und Windenergie begrenzt. Da die Effizienz von Windrädern und PV-Anlagen auch nur begrenzt steigerbar ist und es schon möglich ist Ökostrom günstiger als Kohlestrom herzustellen, nutzt es uns nichts noch länger abzuwarten. Im Bereich „Energiespeicher“ stehen uns hingegen viele neue Entwicklungen bevor. Schon jetzt gibt es einige vielversprechenden Lösungsideen, wie etwa die Umstellung alter Erdgasheizkessel auf grünen Wasserstoff. Da es gemeinhin lange dauert bist die Infrastrukturen für solche neuen Systeme gelegt sind, sollten wir jetzt den Fokus darauf legen die Pläne in die Tat umzusetzen.

Das waren viele Begriffe und Zahlen. Ich hoffe ihr konntet aus dem Text dennoch etwas mitnehmen. Ansonsten lege ich euch das Buch „Erneuerbare Energien: Ohne heiße Luft“ ans Herz. Dieses ist auch umsonst als E-Book erhältlich.

Johanna Kuckelkorn

Meine Quellen

https://www.effizienzhaus-online.de/lexikon/heizen-mit-wasserstoff/

https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/erneuerbare-energien-in-zahlen#ueberblick

https://utopia.de/fragen/oekostrom-label-siegel-vergleich/

Erneuerbare Energien-ohne heiße Luft, Christian Holler und Joachim Gaukel, 2019